Meine True Crime-Leidenschaft – wenn das Verbrechen zur Faszination wird
Ich weiß gar nicht mehr genau, wann es angefangen hat – aber irgendwann war sie da: diese seltsame Faszination für wahre Verbrechen. Für Geschichten, die so schockierend, verstörend und manchmal unfassbar grausam sind, dass sie fast wie aus einem Thriller wirken. Nur eben nicht erfunden. Sondern real.
Bei mir begann alles Anfang der 2000er. Damals gab es noch nicht den True Crime-Boom wie heute, keine Podcasts oder Netflix-Dokus im Überfluss. Aber im Fernsehen liefen regelmäßig Sendungen wie Medical Detectives (Forensic Files) oder Autopsie – Mysteriöse Todesfälle. Ich saß gebannt vorm Fernseher und konnte kaum fassen, mit welchen Methoden Kriminaltechniker und Ermittler den Tätern auf die Spur kamen. Oft ging es um winzige Spuren – Fasern, Hautschuppen, eine falsch gesetzte Unterschrift – und am Ende führten sie zu einer Auflösung, die mich gleichermaßen schockierte und faszinierte.
Was mich damals schon packte, war weniger der Grusel als vielmehr das „Warum?“. Warum tun Menschen solche Dinge? Was bringt jemanden dazu, zum Täter zu werden – oder zum Opfer? Und wie schaffen es Ermittler, solche Rätsel zu lösen?
True Crime ist für mich nicht nur Spannung. Es ist Psychologie, Gesellschaftskritik, manchmal sogar ein bisschen Philosophie. Und immer wieder auch die Erinnerung daran, wie zerbrechlich das Leben ist – und wie wichtig es ist, hinzusehen, statt wegzuschauen.

True Crime – am liebsten mit Bildern
So richtig fesseln kann mich True Crime vor allem dann, wenn ich auch etwas zu sehen bekomme. Podcasts höre ich nur selten – mir fehlt dabei oft das Visuelle. Ich brauche Bilder, Gesichter, Tatorte, die ganze Atmosphäre. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich so besser hineinversetzen kann. Oder daran, dass meine Neugier stärker wird, wenn ich sehe, was passiert ist – oder wie Menschen auf bestimmte Situationen reagieren.
Zum Glück gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Sendern und Streaming-Plattformen, die rund um die Uhr True Crime zeigen. Auf Crime + Investigation, Sky Crime oder gelegentlich Kabel1 Doku läuft fast immer irgendetwas, das mich interessiert. Auch auf Netflix oder Disney+ werde ich regelmäßig fündig – dort gibt es immer wieder neue Dokus, Miniserien oder auf wahren Fällen basierende Spielfilme, die ich am liebsten direkt wegschaue.
Und selbst in fiktionalen Serien wie Criminal Minds oder Bones steckt oft mehr Realität, als man im ersten Moment denkt. Viele Fälle, die dort verarbeitet werden, basieren auf wahren Begebenheiten – mal mehr, mal weniger deutlich. Gerade das macht für mich den Reiz aus: Wenn Fiktion und Realität verschwimmen, beginnt die Grenze zwischen Unterhaltung und Ernsthaftigkeit zu verschwimmen. Und ich erwische mich dabei, wie ich nach der Folge noch im Netz recherchiere, wie nah das Ganze an der Wahrheit war.

Zwischen Empathie und Abgrund
Was mir wichtig ist – und was ich auch deutlich sagen möchte: Ich schaue True Crime nicht aus Sensationsgier. Ich will keine blutigen Details, keine dramatische Musik, keine reißerische Inszenierung. Was mich wirklich interessiert, ist das Menschliche hinter den Taten. Die Hintergründe. Die Zusammenhänge.
Ich habe oft Gänsehaut, wenn ich sehe, wie sehr solche Verbrechen das Leben von Angehörigen und ganzen Gemeinschaften zerstören können. Manchmal muss ich abschalten, wenn ein Fall zu nah geht. Ich kann nicht einfach konsumieren und dann zur Tagesordnung übergehen – das bleibt oft im Kopf und im Herz hängen.
Gerade deshalb finde ich es wichtig, dass True Crime respektvoll erzählt wird. Dass die Opfer nicht zur reinen Kulisse verkommen. Dass man sich bewusst macht: Hinter jeder Geschichte steckt ein echtes Leben. Jemand, der fehlen wird. Jemand, der zurückbleibt.
Für mich ist True Crime auch eine Art Mahnung: Es zeigt, wie schnell etwas kippen kann. Wie wichtig es ist, hinzusehen – nicht nur auf dem Bildschirm, sondern auch im Alltag. Vielleicht ist das sogar der tiefste Grund, warum mich dieses Genre so lange schon begleitet.

Auch Täter-Familien leiden
Und nicht nur Opfer und ihre Familien sind betroffen – auch die Angehörigen von Täter*innen erleben oft massive Folgen. Sie tragen zwar keine Schuld an den Taten, leiden aber trotzdem mit: durch Scham, öffentliche Verurteilung oder den sozialen Druck, sich zu distanzieren. Gerade in der medialen Aufarbeitung wird dieser Aspekt häufig ausgeklammert – dabei gehört er genauso zur Wahrheit.
Natürlich darf man auch nicht verallgemeinern: In manchen Fällen spielt das soziale Umfeld – darunter auch familiäre Strukturen – eine Rolle bei der Entwicklung oder Eskalation einer Tat. Missbrauch, Gewalt, emotionaler Druck oder Vernachlässigung können Auslöser sein. Aber es ist wichtig, individuell hinzusehen. Nicht jede Familie ist mitschuldig. Und nicht jede Familie hätte etwas verhindern können.

Misstrauen als Nebenwirkung
Eine Sache, die ich erst mit der Zeit bemerkt habe: True Crime hat meine Sicht auf Beziehungen verändert. Je mehr ich mich mit wahren Verbrechen beschäftige, desto bewusster wird mir, wie oft Taten im engsten Umfeld passieren – in Familien, Freundeskreisen oder Partnerschaften.
Besonders erschreckend finde ich, wie viele Fälle aus einer Beziehung heraus entstehen. Der Partner oder die Partnerin wirkt anfangs liebevoll, aufmerksam, charmant – und irgendwann kippt alles.
Ich merke, dass mich diese Geschichten vorsichtiger gemacht haben. Vielleicht sogar misstrauischer. Ich ertappe mich manchmal bei dem Gedanken, dass ich lieber auf Distanz bleibe, als jemanden so nah an mich heranzulassen. Es ist kein angenehmes Gefühl, aber es zeigt, welchen Einfluss diese Fälle auf mein Sicherheitsgefühl haben. Und auch wenn ich weiß, dass nicht jeder Mensch so ist – die Bilder aus den Geschichten bleiben im Hinterkopf.

True Crime ist längst kein Nischengenre mehr
Was früher eher ein Randthema war, ist heute fester Bestandteil vieler Medienformate: True Crime boomt. Es gibt unzählige Podcasts, Serien, Magazine, YouTube-Kanäle, ganze Fernsehsender – und fast wöchentlich erscheinen neue Dokus auf Streamingplattformen. Was mich einerseits freut, weil ich dadurch viel Auswahl habe, lässt mich manchmal auch nachdenklich werden.
Denn mit der wachsenden Popularität kommt auch die Gefahr der Kommerzialisierung. Nicht jede Produktion geht respektvoll mit dem Thema um. Manchmal habe ich das Gefühl, dass es nur noch um Klicks, Einschaltquoten oder eine möglichst schockierende Inszenierung geht – und dabei aus dem Blick gerät, dass es hier um echte Menschen geht. Um Opfer, die ihr Leben verloren haben. Und um Angehörige, die mit ihrer Trauer und ihrem Schmerz leben müssen – während ihre Geschichten öffentlich aufgerollt und breitgetreten werden.
Ich finde es wichtig, dass True Crime nicht zum reinen Unterhaltungsprodukt verkommt. Dass wir nicht abstumpfen oder vergessen, wie viel Leid hinter solchen Fällen steckt. Und dass wir auch als Zuschauer*innen Verantwortung übernehmen – indem wir kritisch auswählen, was wir konsumieren, und hinterfragen, wie darüber berichtet wird.

Und wenn ich nachts nicht schlafen kann…
So düster das Thema manchmal auch ist – True Crime hat für mich längst einen festen Platz im Alltag. Sogar in den ruhigen, schlaflosen Nächten.
Wenn ich nicht einschlafen kann, schalte ich einfach den Fernseher ein und schaue Medical Detectives auf VOX. Ich kenne inzwischen fast alle Folgen – und genau das hat etwas Beruhigendes. Die ruhige Erzählerstimme (übrigens die deutsche Synchronstimme von William Petersen alias Gil Grissom aus CSI: Vegas) lullt mich regelrecht ein. Keine wilden Schnitte, keine übertriebenen Effekte – nur analytische, sachliche Erzählweise. Der Sleeptimer läuft, und oft bin ich schon nach der zweiten Spur im Land der Träume.
Klingt seltsam? Vielleicht. Aber für mich ist es genau die richtige Mischung aus Gewohnheit, Spannung und Vertrautheit. Und irgendwie passt das auch zu meiner True-Crime-Leidenschaft: Es geht eben nicht um den Nervenkitzel. Sondern um das, was zwischen den Zeilen passiert.

Fazit: Zwischen Neugier und Respekt
True Crime begleitet mich seit vielen Jahren – nicht, weil ich das Grauen suche, sondern weil ich verstehen will. Es ist die Mischung aus Psychologie, Gesellschaft, Aufklärung und Menschlichkeit, die mich immer wieder fesselt. Ich will nicht einfach nur zuschauen, ich will begreifen. Hinterfragen. Nachdenken.
Und obwohl es um echte Verbrechen geht, ist True Crime für mich kein makabres Hobby, sondern ein Interesse mit Tiefgang. Eines, das mich oft nachdenklich zurücklässt – aber auch mit einem wachen Blick für die Welt um mich herum.
Denn am Ende geht es nicht nur um Täter und Opfer. Sondern auch darum, wie wir als Gesellschaft damit umgehen.

• Hinter jedem Fall steckt ein echtes Leben – keine fiktive Geschichte.
• Opfer und Angehörige verdienen Würde, kein Ausschlachten.
• Reißerische Darstellungen und Clickbait schaden der Aufklärung.
• Achte auf respektvolle Formate, die sensibel mit dem Thema umgehen.
• Frage dich: Würde ich über diesen Fall genauso sprechen, wenn es mein Umfeld betreffen würde?
👉 True Crime kann aufklären, sensibilisieren und nachdenklich machen – wenn es verantwortungsvoll erzählt wird.
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Meine Tochter hat dieses Thema ausgerechnet bei ihrer Erwachsenwerd-Fahrt entdeckt und ich brauchte ein bisschen, um mich dem Anzunähern. Außerdem sind wir tatsächlich gerade familiär gesehen, ganz nah an diesen Themen dran – um so spannender fand ich daher deinen Blogbeitrag dazu ….