Landschaft Schweden Traintrip
Lesedauer: 8 Minuten

Mit dem Zug durch Skandinavien – leicht bepackt, voller Vorfreude und immer auf Schienen dem Norden entgegen.

Nur ein Rucksack, ein Interrail-Ticket und zwölf Tage Zeit – das war alles, was ich brauchte, um mich auf dieses kleine Abenteuer einzulassen.

Im April 2023 ging es für mich auf einen Backpacking-Trip durch Skandinavien – komplett auf Schienen, einem Schiff und sogar einer kleinen Busetappe. Keine Flüge, kein Mietwagen, kein fester Komfort. Stattdessen: Nachtzüge mit Eigenleben, vibrierende Schiffskabinen, einfache Unterkünfte, viel Schnee, geschlossene Cafés – und genau das, was ich mir von dieser Reise erhofft hatte.

Es war nicht mein erstes Mal im Norden und auch nicht mein erstes Mal mit Polarlichtern. Aber es war mein erstes Mal, so entschleunigt und direkt unterwegs zu sein. Mit der Zeit zu sehen, wie sich die Landschaft verändert – wie der Winter sich nur zögerlich verabschiedet und der arktische Frühling sich mit jeder Etappe mehr zeigt. Bis kurz vor Oslo lag noch Schnee. Viele Orte wirkten ruhig, fast im Winterschlaf – Nebensaison trifft Feiertage.

In dieser Mini-Serie nehme ich euch mit auf eine 12-tägige Reise durch Schweden und Norwegen: von Hamburg über Stockholm, quer durch Lappland, mit dem Bus auf die Lofoten, per Hurtigruten an der Küste entlang und schließlich mit dem Zug zurück Richtung Süden.
Es geht ums Unterwegssein mit wenig Gepäck, um volle Zugabteile, kalte Abende und kleine Highlights am Rand der Welt.

Tag 1: Abfahrt ins Abenteuer – Nachtzug von Hamburg nach Stockholm

Pünktlich um 11:00 Uhr starteten wir in Ingolstadt mit dem ICE 588 in Richtung Hamburg – die große Reise konnte beginnen. Wir hatten bewusst genügend Puffer eingeplant, für den Fall, dass die Deutsche Bahn… na ja, eben die Deutsche Bahn ist. Aber überraschenderweise lief alles glatt, und wir kamen tatsächlich um 16:55 Uhr in Hamburg an – ohne Verspätung.

Mit unseren Rucksäcken auf dem Rücken machten wir uns zu Fuß auf den Weg Richtung Speicherstadt – ein Spaziergang, der auf dem Stadtplan kürzer aussah, als er sich mit Gepäck anfühlte. Irgendwann wurden die Schultern dann doch schwer, aber die Vorfreude auf gutes Essen trieb uns an. Im Ahoi – dem Lokal von Steffen Henssler – gönnten wir uns ein entspanntes Abendessen, bevor es langsam Richtung Bahnhof ging.

Dort begann dann der eigentliche Nachtzugteil der Reise – mit dem EN 346 nach Stockholm, Schwedens Hauptstadt, welche auf vierzehn Inseln verteilt ist, wo der See Mälaren auf die Ostsee trifft. Der Zug sollte um 22:01 Uhr abfahren, aber irgendwie… na ja, sagen wir: Er hatte seinen eigenen Fahrplan. Als er endlich gegen 23:00 Uhr losrollte, hatten wir schon die erste kleine Herausforderung hinter uns: Unsere Reservierung war „verschwunden“. Angeblich hätte es Änderungen gegeben und wir wären informiert worden – nur leider war das bei uns nicht angekommen. Nach ein bisschen Diskutieren und Suchen fand sich zum Glück ein freies 1. Klasse Liegewagenabteil für uns. Nicht optimal, aber immerhin.

Auf dem Weg Richtung Dänemark kam dann noch eine Durchsage: Man solle bitte nicht erschrecken, wenn nachts Grenzschützer zur Ausweiskontrolle durch den Zug kommen – das könne ein wenig gruselig wirken. Und ja: Es war gruselig. Wenn es im Waggon mucksmäuschenstill ist und plötzlich schwere Stiefel über den Gang poltern und laut an die Tür geklopft wird, fühlt sich das schon ein bisschen wie ein Thriller an – mitten in der Nacht, irgendwo im Nirgendwo.

Infos zur Zugverbindung nach Schweden

Seit einigen Jahren werden von SJ und Snälltåget regelmäßige Nachtzug-Verbindungen von Berlin über Hamburg nach Stockholm angeboten. Die Strecke wird nur in den Sommermonaten täglich bedient. Die Fahrtzeit beträgt zwischen 12 – 15 Stunden. In Dänemark werden oft noch die Ausweise von dänischen Grenzschützern kontrolliert.

Kleiner Fun Fact 1: Der Nachtzug hat mal wieder einen Teil seiner Passagiere in Berlin vergessen1

Fun Fact 2: Während wir auf der Suche nach unserer Reservierung waren, kamen wir mit einem schwedischen Passagier ins Gespräch. Er meinte, er findet die Deutsche Bahn so toll, weil sie pünktlich ist. Ehm… Ja 😅

Tag 2: Ankunft in Stockholm – Schnee, Sightseeing & Weiterreise

Mit fast drei Stunden Verspätung kamen wir schließlich um 12:30 Uhr in Stockholm an. Der Zug hatte während der Nacht öfter stillgestanden – offenbar gab es Probleme auf der Strecke. Da es meine erste Nacht in einem Nachtzug war, schlief ich nicht besonders gut und wurde häufig wach. Die Überfahrt über die Storebælt-Brücke und die Øresundsbron habe ich leider verschlafen.

stockholm
Schneetreiben in der Fußgängerzone von Stockholm

Trotzdem blieb uns noch genug Zeit, um ein paar Stunden durch Stockholm zu schlendern. Leichter Schneefall begrüßte uns – der Himmel war grau, die Straßen ruhig. Ich war zuletzt 2016 hier, im Rahmen eines Blockhüttenurlaubs, und erinnerte mich noch gut an das besondere Flair der Stadt.

Da vieles noch nicht in Betrieb war – zum Beispiel die Bootstouren – entschieden wir uns für eine Hop-On-Hop-Off-Bustour, um zumindest die wichtigsten Sehenswürdigkeiten bequem anzusteuern. Touristisch war es angenehm ruhig, keine Massen, kein Gedränge – die Stadt war in einer Art Winterpause.

Nachtzug von Stockholm nach Boden

Am Abend ging es weiter. Der Nachtzug D 92 verließ Stockholm Central pünktlich um 21:56 Uhr, Ziel: Boden im Norden Schwedens, kurz vor dem Polarkreis. Diesmal lief alles problemlos. Die Reservierung passte, das Abteil war bereit, und wir konnten uns ohne Chaos einrichten. Auch wenn das Schlafen im Zug noch ungewohnt war, fühlte sich diese Nacht schon deutlich entspannter an – man gewöhnt sich eben an alles, sogar ans Rattern auf den Schienen.

Während draußen die Lichter der Hauptstadt langsam verschwanden und die Dunkelheit der schwedischen Wälder näher rückte, machte sich ein Gefühl von Abenteuer und Aufbruch breit. Wir fuhren durch die Nacht, dem Norden entgegen – und mit jeder Stunde wurde es ein kleines bisschen kälter, ein kleines bisschen ruhiger, ein kleines bisschen magischer.

Tag 3: Von Boden nach Narvik – Mit dem Zug über den Polarkreis

Nach einer ruhigen Nacht im Zug – jedenfalls ruhiger als die vorletzte – kamen wir um 10:04 Uhr in Boden Central an. Draußen strahlte uns die Sonne entgegen, als hätte Nordschweden beschlossen, uns für die durchwachte erste Nacht zu entschädigen. Der Bahnhof wirkte ruhig, fast verschlafen, und die klare, kühle Luft ließ sofort ahnen, dass wir nun ein ganzes Stück näher am Polarkreis waren.

Viel Zeit zum Durchatmen blieb nicht, denn bereits um 10:31 Uhr fuhr unser nächster Zug ab – der Regionalzug 96 Richtung Narvik. Diese Strecke gehört zu den landschaftlich beeindruckendsten Zugverbindungen Europas. Der Zug schlängelte sich durch endlose Wälder, vorbei an zugefrorenen Seen und kleinen Siedlungen, die wie aus der Zeit gefallen wirkten. Je weiter wir Richtung Norden fuhren, desto leerer wurden die Waggons – und desto spektakulärer die Aussicht.

Irgendwann tauchten schneebedeckte Berghänge auf, und das Terrain wurde deutlich rauer. Man spürt förmlich, wie man sich in die Weiten Nordskandinaviens vorarbeitet. Die Grenze zu Norwegen überquert man fast unbemerkt – nur die dramatische Landschaft und ein kleiner Ruck im Schienenstoß kündigen an, dass man sich nun in einem anderen Land befindet.

Gegen 17:43 Uhr erreichten wir Narvik. Die Stadt liegt dramatisch zwischen Fjorden und Bergen eingebettet, und obwohl sie klein ist, verströmt sie eine ganz besondere Atmosphäre – ein bisschen rau, ein bisschen abgelegen, aber herzlich. Wir hatten ein Hotel gebucht, um zumindest eine Nacht nicht im Zug zu verbringen, und genossen es, abends noch ein wenig durch die kühle klare Luft zu spazieren und die Umgebung auf uns wirken zu lassen.

Ein kurzer Blick in die Geschichte:
Narvik, die Hauptstadt der gleichnamigen Kommune, liegt am Westende einer Halbinsel, die vom Rombaksfjord und Beisfjord umschlossen wird. Ihre Entstehung geht auf das 19. Jahrhundert zurück, als Eisenerz aus dem schwedischen Kiruna über einen ganzjährig eisfreien Hafen verschifft werden sollte. Da Narvik die idealen Voraussetzungen dafür bot, begann man 1885 mit dem Bau einer Eisenbahnverbindung durch das Gebirge zum Ofotfjord. Die Ofotbanen wurde 1903 feierlich von König Oscar II. eingeweiht – und fährt bis heute von Narvik nach Kiruna. Die Strecke gilt als eine der spektakulärsten in Europa und wurde vom schwedischen Schriftsteller Ernst Didring sogar als das achte Weltwunder bezeichnet.

Tag 4: Von Narvik nach Svolvær – Zwischen Fjorden, Eis und Kunst

Der nächste Morgen begann grau und bewölkt – aber wir waren mittlerweile im hohen Norden angekommen, da erwartet man kein Postkartenwetter, sondern raues Klima mit Charakter.

traintrip backpacking narvik norwegen

Da wir am Abend zuvor vergeblich nach dem Busbahnhof gesucht hatten (die Ausschilderung war eher… zurückhaltend, und auch die Karten-App unseres Vertrauens ließ einige Fragen offen), entschieden wir uns kurzerhand, einfach zu einer nahegelegenen Haltestelle in der Nähe unseres Hotels zu laufen. Und siehe da: Der Bus 300 Richtung Svolvær hielt tatsächlich dort. Manchmal hilft Intuition eben doch mehr als Technik.

Die Fahrt nach Svolvær, dem Hauptort der Lofoten, dauerte knapp vier Stunden – und war landschaftlich ein absolutes Highlight. Die Strecke schlängelte sich durch spektakuläre Fjordlandschaften, über Brücken, an schneebedeckten Gipfeln vorbei, durch Tunnel und an kleinen, bunten Holzhäusern entlang, die wie Farbtupfer in der winterlichen Landschaft wirkten. Es war still im Bus, fast andächtig, als würde jeder versuchen, keinen Moment dieser Fahrt zu verpassen.

Gegen 13:40 Uhr erreichten wir schließlich Svolvær – eine kleine, charmante Küstenstadt mit etwa 4.700 Einwohnern. Sie ist das Verwaltungszentrum der Kommune Vågan in der Provinz Nordland und gleichzeitig die größte Stadt der Inselgruppe Lofoten. Rund die Hälfte der gesamten Gemeindebevölkerung lebt hier – inmitten beeindruckender Natur, zwischen Bergen und Meer.

Unsere Unterkunft, ein Airbnb, war schnell gefunden. Von dort aus hatten wir einen schönen Blick auf die Umgebung, die wie aus einem Gemälde wirkte: ruhig, weit, nordisch.

Am späten Nachmittag machten wir uns auf den Weg zu einem besonderen Ort: dem Magic Ice. Dabei handelt es sich um eine Kunstausstellung in einer Eisgalerie, in der Skulpturen aus gefrorenem Wasser im bläulichen Licht leuchten. Beim Eintritt bekommt man stilecht einen Thermo-Umhang und einen eiskalten Begrüßungsdrink in einem Glas aus Eis. Zwischen den Skulpturen läuft entspannte Musik, während man durch eine surreale Welt aus Licht und Frost wandert – kitschig? Vielleicht ein bisschen. Aber auch ziemlich cool.

Der Abend klang ruhig aus. Wir spazierten noch ein wenig durch den Ort, der bereits früh in der Dämmerung versank. Die klare Luft, das gedämpfte Licht und das Gefühl, am Rande der Welt angekommen zu sein, machten diesen Tag zu etwas Besonderem.

🧭 Im nächsten Teil geht’s weiter mit:
Einem ruhigen Ostertag auf den Lofoten, der Fahrt mit der Hurtigruten und dem Besuch von Trondheim – inklusive Polarlichter und Vibrationen in der untersten Schiffskabine 😉
Hier geht’s zu Teil 2.


  1. Fahrgäste hilflos in Berlin: Nachtzug fährt über eine halbe Stunde zu früh ab (berliner-zeitung.de) ↩︎

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By Saphirija

Seit 2007 begeisterte Bloggerin. Gründerin und Hexe des Weltenwanderer Blogs. Hüterin der Hexenschafe. Leidenschaftliche Weltentdeckerin.

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