hafen svolvaer norwegen
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Lofoten, Hurtigruten & Trondheim: Unterwegs zwischen Eis, Meer und Weite

Nach den ersten intensiven Tagen mit Nachtzügen, Schneefall und Zugpanoramen ging es in Teil 2 meines Skandinavien-TrainTrips weiter Richtung Norden – auf die Lofoten und dann mit der Hurtigruten entlang der norwegischen Küste südwärts bis nach Trondheim.

Dieser Teil der Reise war deutlich ruhiger – geprägt von geschlossenen Cafés, leeren Straßen und dem Gefühl, außerhalb der Saison unterwegs zu sein. In Svolvær herrschte Osterstille, auf See wurde es laut in der Kabine, aber still im Kopf. Die Polarlichter zeigten sich über dem Wasser – und irgendwo zwischen Fjord und Fjell war da wieder dieses Gefühl: weit weg von allem und mittendrin im Moment.

Tag 5: Langsames Leben im Norden – Ein ruhiger Tag in Svolvær

Nach all den Etappen, Nachtzügen und wechselnden Landschaften fühlte sich dieser Tag fast ein bisschen wie Stillstand an – im besten Sinne. Svolvær präsentierte sich ruhig, fast verschlafen. Wir spazierten ein wenig durch die Straßen, sahen uns hier und da ein paar Häuser an, blickten auf die Berge im Hintergrund, die teilweise noch schneebedeckt waren. Viel gab es ehrlich gesagt nicht zu sehen – aber genau das war auch mal schön.

Ostern ist auf den Lofoten keine besonders dankbare Reisezeit. Es ist die Übergangsphase vom Winter zum Frühling: Die Schneemassen sind noch da, aber das Licht kehrt zurück. Die Tage sind spürbar länger, doch vielerorts liegt noch eine gewisse Winterträgheit über dem Land. Zudem herrscht in dieser Zeit erhöhte Lawinengefahr, was Aktivitäten in den Bergen einschränkt – falls man denn überhaupt welche geplant hatte.

Hinzu kamen die Feiertage, die in Norwegen traditionell im Familienkreis verbracht werden. Viele Läden, Museen und auch Restaurants hatten geschlossen, und die Stadt wirkte stellenweise fast menschenleer. Da wir uns zudem noch in der Nebensaison bewegten, waren auch nur sehr wenige Tourist:innen unterwegs. Das trug zwar zur ruhigen Atmosphäre bei, ließ die ohnehin kleine Auswahl noch überschaubarer wirken.

Wir verbrachten den Tag also hauptsächlich mit Lesen, Spazierengehen und dem Aufwärmen in einem der wenigen geöffneten Cafés. Viel Auswahl gab es nicht, aber immerhin etwas warmes Essen, einen heißen Kakao und ein Dach über dem Kopf – was will man mehr?

Es war ein Tag ohne Programmpunkte, ohne Zeitdruck. Ein bisschen wie ein Luftholen mitten im Reiseabenteuer. Und auch wenn er vielleicht kein Highlight im klassischen Sinne war, hatte dieser Tag auf seine ganz eigene Art eine wohltuende Ruhe. Und ehrlich gesagt: Ich hätte auch nichts dagegen gehabt, wenn es noch ein bisschen länger so geblieben wäre.

Tag 6: Mit der Hurtigruten gen Süden – Leinen los und Nordlichter

Nach dem ruhigen Tag in Svolvær war es Zeit, Abschied zu nehmen – und das nächste große Kapitel unserer Reise aufzuschlagen: die Fahrt mit der Hurtigruten.

Am Abend, gegen 20:30 Uhr, legte die MS Vesterålen ab. Das Schiff, eines der kleineren und älteren Modelle der Hurtigruten-Flotte, hat einen besonderen Charme. Nicht luxuriös, sondern funktional und gemütlich – mit Fokus auf die Landschaft draußen statt auf Spektakel drinnen. Perfekt für eine Reise wie unsere.

Das Einchecken verlief entspannt, unser Gepäck war schnell verstaut und wir nutzten die verbleibende Zeit bis zur Abfahrt, um noch einmal aufs Deck zu gehen. Der Hafen von Svolvær lag ruhig im dämmrigen Licht, die Berge warfen lange Schatten, das Wasser war glatt wie Glas. Es war einer dieser magischen Momente, in denen man das Gefühl hat, sich ganz weit von allem Alltäglichen entfernt zu haben.

Als das Schiff ablegte, wurde es spürbar stiller an Bord. Viele Passagiere verzogen sich in ihre Kabinen oder in die Loungebereiche, während wir draußen auf dem Deck blieben – dick eingepackt, mit Blick nach oben. Die Nacht war klar, und die Chancen standen gut.

Und dann waren sie da: Polarlichter. Erst nur ein zarter Schleier, dann ein grün flackerndes Band, das sich über den Himmel zog, tanzte, wirbelte, verschwand – und wieder auftauchte. Es war das erste Mal auf dieser Reise, dass wir sie sahen, und selbst wenn die Kälte irgendwann in die Finger kroch, wollte man einfach nicht mehr rein. Dieses Leuchten, diese Bewegung – es wirkt gleichzeitig überirdisch und beruhigend.

Die Fotos der Polarlichter habe ich frei Hand mit ISO12800 und Belichtungszeit von 0,8 Sekunden und Blende 4.0. Ein paar wenige übereifrige Hobbyfotografen haben es mit Stativ probiert, aber das Schiff schwankte die ganze Zeit.

Irgendwann in der Nacht kehrten wir in unsere Kabine zurück – ganz unten im Bauch des Schiffs, auf der untersten Ebene. Die Romantik des Nordlichts wich hier ein wenig der Realität: Die Maschinen brummten unüberhörbar. Das ständige Vibrieren machte klar: Wir waren nicht mehr im Zug – wir waren auf See. An Schlaf war nicht so leicht zu denken wie in den ruhigen Nachtfahrten zuvor. Die Geräuschkulisse war… durchdringend. Aber: Wir waren auf See. Aber wir waren auf See – und irgendwie gehörte genau das dazu.

Tag 7: Seetag mit der MS Vesterålen – Bücher, Ausblicke & ein Jubiläumsdinner

Der siebte Tag war ein stiller, fast meditativer Teil unserer Reise – ein ganzer Tag auf See, ohne festen Plan, ohne Eile.

Unsere Route führte uns durch viele kleine Küstenorte – allerdings waren die Anlegezeiten oft so kurz, dass sich ein Landgang kaum lohnte. Für alle, die es genau wissen wollen, hier der Fahrplan dieses Tages:

🗺️ Fahrplan der MS Vesterålen – 10. April 2023

HafenAnkunft des SchiffesAbfahrt des SchiffesZeit im Hafen
Svolvær18:3020:302 Stunden
Stamsund22:1522:3015 Minuten
Bodø02:3003:301 Stunde
Ørnes06:2506:3510 Minuten
Nesna10:2510:3510 Minuten
Sandnessjøen11:4512:1530 Minuten
Brønnøysund15:0017:252 Std 25 Min.
Rørvik21:0021:3030 Minuten

Zwischen Ørnes und Nesna überquert man den Polarkreis – eine symbolische Grenze, die bei 66° 33′ 55″ nördlicher Breite liegt. Auf einer kleinen Insel namens Vikingen markiert eine Weltkugel aus Metall den genauen Punkt, im Hintergrund erhebt sich die markante Felsformation Hestmannen.

An Bord der Hurtigruten wird dieses Ereignis traditionell mit einer kleinen Polarkreis-Zeremonie gefeiert – mit Eiswasser über den Nacken und viel Applaus. Ich persönlich hielt mich davon lieber fern und genoss stattdessen den Moment still – mit Blick auf das Meer und den Horizont, an dem sich scheinbar nichts verändert, und doch alles.

Trotz des längeren Stopps in Brønnøysund entschieden wir uns, an Bord zu bleiben – das Wetter war windig, die Orte schienen im Osterdämmer zu ruhen, und der Blick vom Schiff war einfach zu schön.

Kurz nach dem Verlassen von Brønnøysund gab es dann doch noch ein kleines Highlight: Torghatten, der sagenumwobene Berg mit dem Loch in der Mitte. Der Kapitän kündigte ihn über die Lautsprecher an – und machte sogar einen kleinen Umweg, um den Passagieren auf dem Aussichtsdeck die beste Perspektive zu ermöglichen. Natürlich zog ich mir wieder meine warme Kleidung über, kämpfte mich gegen den Wind aufs Deck – und wurde belohnt: Der Felsen sah tatsächlich aus wie durchbohrt, wie von einem Pfeil durchschossen.

Der Legende nach soll genau das passiert sein:
Ein Troll verliebte sich in eine Menschenprinzessin, wurde aber zurückgewiesen. Als sie floh, schoss er aus Wut einen Pfeil hinter ihr her – doch der Trollkönig von Sømna warf seinen Hut dazwischen. Der Pfeil durchbohrte den Hut – und dieser erstarrte zu Stein: Torghatten, der Berg mit dem Loch. Das ist die kurze Version 😉

Ich machte es mir wieder oben im Panorama-Salon gemütlich, las in meinem Buch, beobachtete die vorbeiziehende Landschaft und ließ mich einfach treiben. Immer wieder glitt die norwegische Küste vorbei – Berge, kleine Inseln, bunte Häuschen in der Ferne. Und über allem lag dieses typische, klare Licht des Nordens.

Zwischendurch zog ich meine warme Kleidung an und ging hinaus aufs Aussichtsdeck. Die Sonne schien zwar, aber der Wind war eisig – nordisch ehrlich eben. Trotzdem war es genau dieser Kontrast, der den Moment besonders machte: die Kälte auf der Haut, das leise Tuckern der Maschinen, das endlose Blau ringsum.

Am Abend wurde es dann etwas festlicher: Wir hatten vorab ein Kapitäns-Dinner mit Jubiläumsmenü gebucht – ein besonderes Menü, das Hurtigruten im Rahmen des 130-jährigen Bestehens der Postschiffroute über das Jahr verteilt anbietet. Der Speisesaal war stilvoll eingedeckt, das Essen nordisch inspiriert, und der Abend bot einen schönen Kontrast zur ruhigen Tagesstimmung.

Es war ein gelungener Abschluss für einen Tag, der von außen betrachtet vielleicht unspektakulär war – aber genau deshalb so erholsam und besonders wirkte.

Tag 8: Ankunft in Trondheim – Stadtspaziergang & Rockheim

Früh am Morgen, gegen 06:30 Uhr, lief die MS Vesterålen in Trondheim ein. Es war ungewohnt, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben – und vor allem: Zeit. Diesmal hatten wir keine Zugabfahrt im Nacken, keine knappe Anlegezeit, sondern einen vollen Tag in einer Stadt, die anders wirkte als alles zuvor auf der Reise.

Da es noch zu früh war, um ins Airbnb einzuchecken, brachten wir unser Gepäck erstmal in einem Schließfach am Hauptbahnhof unter – ein kurzer Zwischenstopp, der uns für den restlichen Tag Bewegungsfreiheit schenkte. Mit leichtem Gepäck und frischer Morgenluft im Gesicht machten wir uns auf den Weg, Trondheim zu erkunden.

Unser erstes Ziel war der Nidarosdom, eine beeindruckende Kathedrale mit imposanter Fassade und stiller Größe. Es war fast ein bisschen überwältigend, nach so vielen Tagen zwischen Fjorden, Nachtzügen und stillen Orten wieder vor einem so monumentalen Bauwerk zu stehen.

Danach schlenderten wir über die Gamle Bybro, die alte Stadtbrücke mit dem berühmten roten Torbogen, der wie ein Portal in eine andere Zeit wirkt. Auf der anderen Seite wartete das Viertel Bakklandet mit seinen bunten Holzhäusern, gemütlichen Cafés und Kopfsteinpflasterstraßen – charmant, entspannt, ein bisschen verspielt.

Wir spazierten entlang des Nidelva, dem Fluss, der sich durch Trondheim schlängelt, und machten einen kurzen Abstecher zur Festung Kristiansten. Von dort oben hatten wir einen großartigen Blick über die Stadt – sogar bis zum Fjord.

Am Nachmittag besuchten wir das Rockheim, Norwegens nationales Museum für Pop- und Rockmusik. Interaktive Ausstellungen, alte Plattencover, Retro-Flair – ein ganz anderes Erlebnis, aber irgendwie genau das Richtige nach so viel Natur. Ein schöner Kontrast, bevor es am nächsten Tag wieder zurück in den Zug ging.

Trondheim war für mich ein echtes Reise-Highlight – nicht laut, nicht überdreht, aber voller Atmosphäre. Eine Stadt, in der man einfach gerne durch die Straßen läuft, ohne ein konkretes Ziel zu haben.

Nach einer stillen Seefahrt, einem Tag zwischen Geschichte und Flussufer in Trondheim und der ersten Nacht an Land – wenn auch nur auf der Couch – war klar: Das Abenteuer war noch nicht vorbei.

Im nächsten Teil unserer Reise geht es mit dem Zug weiter Richtung Süden – durch Norwegens Herzland bis nach Oslo, wo wir knapp zwei Tage blieben und die Stadt ganz in Ruhe entdecken konnten. Danach folgen noch Zwischenstopps in Göteborg und Malmö, eine letzte Nachtzugfahrt – und schließlich die Rückkehr nach Deutschland.

Hier geht’s zu Teil 3.


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By Saphirija

Seit 2007 begeisterte Bloggerin. Gründerin und Hexe des Weltenwanderer Blogs. Hüterin der Hexenschafe. Leidenschaftliche Weltentdeckerin.

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