buch die sprache der drachen
Lesedauer: 6 Minuten

Vor ein paar Wochen habe ich über meine monatliche FairyLoot-Abobox das Buch A Language of Dragons erhalten. Die Geschichte hat mich sofort angesprochen, und ich habe neugierig in der englischen Ausgabe zu lesen begonnen. Vor zwei Wochen erschien schließlich die deutsche Übersetzung – und kaum war sie da, hatte ich sie auch schon innerhalb einer Woche verschlungen.

Die Sprache der Drachen ist der Debütroman der Autorin S. F. Williamson und erschien kürzlich im Heyne Verlag. Die deutsche Übersetzung stammt von Nina Lieke und erschien parallel zur Originalausgabe. Über meine FairyLoot-Abobox durfte ich also schon früh einen ersten Blick in das englische Original werfen – und war sofort neugierig auf die ganze Geschichte.

Über die Autorin

Die Autorin S. F. Williamson (Steph Williamson) hat einen Master in „Writing for Young People“ und war zuvor literarische Übersetzerin – was ihre große Faszination für Sprachen erklärt. Ihr Debüt hieß ursprünglich ironisch „Dragon Book I Don’t Want to Write“, weshalb es umso schöner ist, dass gerade A Language of Dragons nun dieses Fantasy-Element mit einem realen historischen Setting vereint. Williamson lebt heute mit ihrem Mann, Sohn und zwei Katzen in Frankreich und arbeitet bereits an einer Fortsetzung.

Informationen zum Buch

buch die sprache der drachen

Originaltitel: The Language of Dragons
Band 1 von ?

Autorin: S. F. Williamson
Übersetzerin: Nina Lieke
Verlag: Heyne Verlag
ISBN: 978-3453274914

Erscheinungsdatum: 11.06.2025
Preis: 24,00 € (Gebundenes Buch)
512 Seiten
Genre: Alternativweltgeschichte, Fiction, Fantasy

Worum geht es in „Die Sprache der Drachen“?

London, 1923: Seit einem halben Jahrhundert herrscht fragiler Frieden zwischen Menschen und Drachen – doch dieser gerät zunehmend ins Wanken. Der Grund dafür ist nicht nur die angespannte politische Lage, sondern auch das streng reglementierte Klassensystem, das die Grundlage des Friedens bildet.

Im Mittelpunkt steht Vivien Featherswallow, die alles daransetzt, an der Akademie für Drachensprache aufgenommen zu werden – nicht nur für sich selbst, sondern vor allem für ihre kleine Schwester Ursa. Als ihre Eltern verhaftet werden, steht Viv plötzlich vor den Trümmern ihres bisherigen Lebens. In ihrer Not nimmt sie einen rätselhaften Auftrag an: In Bletchley Park soll sie helfen, die Sprache der Drachen zu entschlüsseln. Doch je tiefer sie in die Geheimnisse eintaucht, desto deutlicher wird: Die Wahrheit liegt irgendwo zwischen den Zeilen – und sie könnte alles verändern.

Setting & Atmosphäre

S. F. Williamson entführt uns in ein alternatives London der 1920er-Jahre – eine Welt, in der Drachen wirklich existieren und ein streng geregeltes Klassensystem das gesellschaftliche Leben dominiert. Die Atmosphäre ist durchgehend düster und angespannt, was wunderbar zur politischen Unruhe dieser Zeit passt. Besonders beeindruckt haben mich die Szenen in Bletchley Park, wo Magie, Wissenschaft und Geheimnisse aufeinandertreffen. Es gelingt der Autorin, historische Elemente mit fantastischen Ideen zu verweben und so eine glaubwürdige, vielschichtige Welt zu erschaffen, in der man sich sofort verlieren kann.

buch die sprache der drachen

Figuren

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Vivien Featherswallow, die ich als Protagonistin schnell ins Herz geschlossen habe. Sie ist zielstrebig, loyal und stellt das Wohl ihrer kleinen Schwester über alles – gleichzeitig wirkt sie nie perfekt, sondern hat Ecken und Kanten, was sie sehr greifbar macht. Man merkt ihr jedoch an, dass sie in eher behüteten Verhältnissen aufgewachsen ist. Gerade zu Beginn ist sie noch recht naiv, hält an offiziellen Wahrheiten fest und glaubt an das System – was ihre spätere Entwicklung umso spannender macht.

Was ich besonders stark fand: Vivien steht im Zentrum eines moralischen Dilemmas, das sich durch das ganze Buch zieht. Soll sie die egoistische Entscheidung treffen, die ihre Familie schützt – oder den mutigen Weg, der vielleicht größere Gerechtigkeit bringt, dafür aber ihre Liebsten in Gefahr bringt? Diese Frage beschäftigt sie tief – umso überraschender war es, dass ihre finale Entscheidung nach einem einzigen, nicht besonders bedeutsamen Gespräch fällt. Hier hätte ich mir etwas mehr innere Auseinandersetzung oder emotionale Wucht gewünscht.

Auch die Nebenfiguren sind interessant gezeichnet: Da ist zum Beispiel ihr Cousin Marquis, der in der Geschichte eine wichtige Rolle spielt – und als queerer Charakter angenehm selbstverständlich Teil des Erzählkosmos ist, ohne dass seine Sexualität überbetont oder zum Klischee wird. Oder ihre beste Freundin Sophie, die nach einer nicht bestandenen Prüfung in die unterste Klasse abgestuft wurde – eine bittere Konsequenz, die das brutale System greifbar macht. Und dann wäre da noch Atlas, dessen Rolle ich hier nicht spoilern möchte, der aber definitiv für einige spannende Momente sorgt.

Und natürlich: die Drachen. Anders als in vielen anderen Fantasygeschichten sind sie hier keine bloßen Kreaturen oder Bedrohung, sondern hochintelligente Wesen mit eigener Sprache, Kultur und Geschichte. Ihre Perspektive bleibt zwar größtenteils verborgen, doch durch Viviens Entschlüsselungsarbeit erhalten wir immer wieder Einblicke in ihre Gedankenwelt – und das macht sie zu tragischen, faszinierenden Figuren, die man nicht so schnell vergisst.

🔥 Jedes Feuer beginnt mit einem einzigen Funken. 🔥

Schreibstil

Der Schreibstil von S. F. Williamson hat mir ausgesprochen gut gefallen. Schon auf den ersten Seiten war ich von der Sprache gefesselt – sie schreibt bildhaft, aber nie überladen, und trifft oft genau den richtigen Ton zwischen Emotion, Spannung und Weltaufbau. Besonders gelungen fand ich, wie sie komplexe Themen wie Machtstrukturen, Klassenunterschiede und familiäre Verantwortung aufgreift, ohne belehrend zu wirken.

Auch die deutsche Übersetzung von Nina Lieke liest sich flüssig und stimmungsvoll. Ich hatte nie das Gefühl, dass etwas „übersetzt“ klingt – im Gegenteil: Die Sprache passt perfekt zur Atmosphäre des Buches und bringt die leisen Zwischentöne ebenso gut rüber wie die großen, dramatischen Momente.

Mein Leseeindruck

„Frieden ist nur eine Illusion – bis die Drachen sprechen.“ Dieser Satz bringt ziemlich gut auf den Punkt, worum es in Die Sprache der Drachen geht. Denn hier erwartet euch keine klassische Fantasygeschichte, sondern ein spannendes Spiel aus Politik, Rebellion, Sprachforschung – und Drachen.

Besonders gut gefallen hat mir die Darstellung der Drei-Klassen-Gesellschaft, in der jede Entscheidung darüber entscheiden kann, ob man gesellschaftlich auf- oder gnadenlos absteigt. Diese ständige Angst war beim Lesen fast greifbar. Der Fokus auf Sprache und Linguistik – besonders im Zusammenhang mit den Drachen – macht die Geschichte zusätzlich zu etwas ganz Besonderem. Keine klassische Magie, keine Zaubersprüche – stattdessen entschlüsseln die Figuren eine uralte Sprache, deren Bedeutung weit über Worte hinausgeht.

Die Protagonist:innen sind zwar noch jung, aber das stört hier kein bisschen – im Gegenteil: Es erinnerte mich an den Ernst und die Verantwortung, die auch Harry Potter im letzten Schuljahr tragen musste. Vivien Featherswallow ist eine starke Hauptfigur, und das Zusammenspiel mit ihren Freunden sorgt für emotionale Tiefe, überraschende Wendungen und eine gute Portion Herz.

Was ich ebenfalls stark fand: die politischen Aspekte. Das System, die Ungerechtigkeiten, die Konsequenzen für jede falsche Bewegung – all das wird intensiv beleuchtet. Die Spannung bleibt dadurch konstant hoch, auch ohne ständige Action oder Schlachtengetöse.

Klar, Worldbuilding und Figurenzeichnung hätten an der einen oder anderen Stelle noch etwas mehr Tiefe vertragen – aber bei der Fülle an Themen hätte das vermutlich den Rahmen gesprengt. Und ehrlich: Die Story punktet so sehr mit ihrer Andersartigkeit, dass ich das gern in Kauf genommen habe.

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Im Pool lesen ist sehr entspannend

Fazit

Die Sprache der Drachen ist ein vielschichtiges Jugendbuch, das deutlich mehr bietet als nur Fantasy mit Drachen. Es verbindet gesellschaftskritische Themen wie Klassendenken, Rassismus, Propaganda und persönliche Verantwortung mit einer spannenden Geschichte voller Wendungen. Besonders Vivien als Protagonistin hat mich beeindruckt – nicht, weil sie von Anfang an heldenhaft wäre, sondern weil sie sich weiterentwickelt, zweifelt und wächst.

Statt einer dominanten Liebesgeschichte stehen moralische Entscheidungen, politische Intrigen und sprachliche Macht im Fokus – und genau das hebt das Buch positiv aus der Masse hervor. Die Bedeutung von Sprache als Werkzeug der Kontrolle, Identität und Wahrheit zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung und passt erschreckend gut in unsere heutige Zeit.

Was mir persönlich besonders gut gefallen hat: Es gibt fast keinen Spice, keine überzogenen Romantik-Dramen – die Liebesgeschichte bleibt angenehm dezent und entwickelt sich glaubwürdig im Hintergrund. Das passt perfekt zur Geschichte und lässt Raum für die wirklich wichtigen Themen.

Kleinere Schwächen im Worldbuilding und historische Unklarheiten haben mein Lesevergnügen zwar hin und wieder gebremst, aber der starke Mittelteil und das emotionale Ende konnten das für mich wieder ausgleichen. Und ja: Das Finale lässt hoffen, dass dies nicht das letzte Kapitel in dieser Welt gewesen ist.

Wer also Fantasy mit Tiefe sucht – abseits von Elfen, Schwertern und Insta-Romanzen – wird mit diesem Buch definitiv seine Freude haben.
Aber bitte beim Lesen dran denken: Es handelt sich hierbei um ein Jugendbuch.

Bewertung

8,5 von 10

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By Saphirija

Gründerin des Weltenwanderer Blogs und Hüterin der Hexenschafe. Als schreibende Hexe und leidenschaftliche Entdeckerin unterwegs – zwischen Geschichten, Reisen, Spielen, Nordlichtern und den kleinen Gedanken, die nicht still sitzen wollen.

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